Polyurethan-gebundene Doppelseitenplanwerkzeuge für die Feinbearbeitung von Hart- und Sonderwerkstoffen
Hart- und Sonderwerkstoffe - in Form von technischen Keramiken und Verbundmaterialien - bieten ein großes Potential als Funktionswerkstoff zur Lösung technischer Problemstellungen. Durch ihre favorisierenden Materialeigenschaften, wie z.B. einer hohen Festig- und Steifigkeit, Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit bei gleichzeitig niedrigem spezifischem Gewicht, sind solche Werkstoffe ideal für den Einsatz in komplexen Anwendungsfeldern wie Luft- und Raumfahrt, Energie- / Halbleiterindustrie sowie Elektromobilität.
Der bisherige Einsatz von technischen Keramiken und Verbundmaterialien als Strukturbauteil ist ausbaufähig und wird oftmals durch die hohen Herstellungs- und Bearbeitungskosten verhindert. So ist z.B. die endkonturnahe Erzeugung von Funktionsflächen mit hohen Genauigkeiten in einem Bearbeitungs-schritt kaum umsetzbar. Um diesen Einsatzbarrieren entgegen zu wirken, bedarf es neuer Herstellungs-technologien, Bearbeitungsprozesse und Prozessstrategien. Ein wichtiger Schlüsselprozess ist dabei die zielgerichtete Oberflächenvergütung durch Schleif- und Polierverfahren. Neben den klassischen Verfahren Flachschleifen, Außenrund - und Innenrundschleifen, wird das Doppelseitenplanschleifen (DSPS) für die Bearbeitung von Sonderwerkstoffen immer wichtiger.
Das DSPS wird sowohl zum Feinschleifen (geringe Materialabtragsraten < 100 μm / min) als auch zum Schruppschleifen (hohe Materialabtragsraten > 1,0 mm / min, bei Belegungen von 10 – 30 %) eingesetzt. Die entstehenden Schleifdrücke können, je nach Maschinengröße, bis zu mehreren Tonnen betragen. Die für das DSPS-Verfahren charakteristischen Bewegungsverhältnisse zwischen Werkzeug und Werkstück - in Form einer Planetenkinematik - sind zugleich elementar für die erzeugbaren hohen Oberflächengüten, Planparallelitäten, Ebenheiten und geringen Dickenmaßstreuungen (< 1 μm). Darüber hinaus bietet das Verfahren die Möglichkeit, Werkstücke in großen Stückzahlen kostengünstig zu bearbeiten.
Doppelseitige Läpp- / Polierprozesse werden aktuell häufig durch das DSPS-Verfahren ersetzt. Dadurch können einerseits höhere Abtrennraten erreicht (= höhere Produktivität) und andererseits der Einsatz von gebundenen Schleifkorn prozessseitig implementiert werden. Als Konsequenz müssen keine umwelt-belastenden Suspensionen entsorgt werden und die Bauteile weisen einen geringeren Reinigungs-aufwand auf, was letztendlich die Ökologiebilanz des Gesamtprozess massiv verbessert.
In diesem Kontext bieten neuartige Polyurethan-gebundene DSPS-Werkzeuge das Potential zur Ver-besserung des Feinbearbeitungsprozess von Hart- und Sonderwerkstoffen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ihre Wirkweise untersucht und wichtige Prozesskenngrößen (wie z.B. Schleifdrücke, Abtragsraten, Oberflächengüten, Werkzeugverschleiß, usw.) ermittelt.
Dr.-Ing. Steffen Weber (Krebs & Riedel Schleifscheibenfabrik GmbH & Co. KG)