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Fakultät Maschinenbau

FLIBB - Flexibles Innendrehen in beliebiger Bearbeitungstiefe

Ein großer Anteil der Produktionstechnik wird durch die Zerspanung umgesetzt. Branchenübergreifend ergeben sich eine zunehmende Komplexität vieler Bauteile sowie bedeutend steigende Anforderungen an diese. Hierfür müssen die Werkstücke vielfältige sowie präzise gefertigte Konturen aufweisen. Stehen im Bereich der Außenbearbeitung umfangreiche Möglichkeiten zur mechanischen (Nach-)Bearbeitung zur Verfügung, so reduzieren sich diese Möglichkeiten bei der Innenbearbeitung durch die erschwerte Zugänglichkeit sowie den geringen Bauraum deutlich. Daher beschränkt sich die Innenbearbeitung, im Besonderen für kleinere Bauteile, auf zylindrische Bohrungen sowie das Innenkonturieren in geringen Tiefen. Beim Innendrehen liegt dabei das erreichbare Bohrlänge-zu-Bohrungsdurchmesser-Verhältnis (l/D-Verhältnis) mit bereits schwingungsgedämpften Drehwerkzeugen bei l/D < 7. Auskammerwerkzeugsysteme ermöglichen hingegen höhere l/D-Verhältnisse, aufgrund des komplexen mechanischen Aufbaus, jedoch erst ab einem größeren Bearbeitungsdurchmesser. Dies begrenzt das Potential einer vollumfänglichen spanenden Bearbeitung eines Bauteils hinsichtlich folgender Punkte:

• Höheres Bauteilgewicht, da Material in größeren Bauteiltiefen nicht anpassungsgerecht abgetragen werden kann

• Niedrigere Bauteilbelastbarkeit, da keine belastungsangepasste Innenkontur gefertigt werden kann und somit kürzere Produktlebensdauer und höheres Risiko von Bauteilversagen

• Reduzierte Funktionsfähigkeit, da keine Möglichkeit zum Einbringen von funktionsrelevanten Konturen in größeren Bauteiltiefen besteht

Die genannten Defizite des Status Quo der Innenbearbeitung motivieren die Entwicklung eines neuen Bearbeitungsverfahrens für die spanende Fertigung, mit welchem die Innenkonturierung kleiner Bauteildurchmesser im Bereich von D = 10…40 mm auch in großen Bearbeitungstiefen ermöglicht wird. Dies setzt an den zuvor genannten Defiziten an und vervollständigt die bestehenden Möglichkeiten zur Innenbearbeitung für die bisher nicht erreichbaren Durchmesserbereiche und nahezu beliebige Bearbeitungstiefen durch ein l/D-Verhältnis bis zu 100. In dieser Weise können ein konsequenterer Leichtbau verfolgt sowie sicherere, funktionalere und belastbarere Produkte hergestellt werden. Anwendung finden soll das zu entwickelnde System bei KMU auf bestehenden Werkzeugmaschinen, sodass sich Technologievorsprünge und Alleinstellungsmerkmale durch neue oder verbesserte bestehende Produkte ergeben können.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit zwei KMU umgesetzt und umfasst einen ganzheitlichen Ansatz zur Entwicklung des Werkzeugsystems. Hierdurch erfolgen über die Projektlaufzeit die mechanische, mechatronische und simulative Entwicklung des Systems sowie darüber hinaus Einsatzversuche auf verschiedenen Werkzeugmaschinen. Der Projektabschluss wird durch einen erstmaligen Einsatz des neuen Bearbeitungsverfahrens bei einem Anwender im industriellen Produktionsumfeld abgebildet.

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Schematischer Aufbau und Charakteristika des zu entwickelnden Werkzeugsystems