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Fakultät Maschinenbau

Entwicklung eines simulativen Modells zur Einflussanalyse des Kühlschmierstoffes beim Wendeltiefbohren mit kleinen Durchmessern unter Berücksichtigung der Spanbildung zur Optimierung der Werkzeug- und Prozessgestaltung für die Bearbeitung von Ti-6Al-4V

Das Tief­bohren gewinnt ins­be­son­de­re bei der Fertigung von Bohrungen mit kleinen Durchmessern immer mehr an Be­deu­tung und wird in unterschied­lichen Industriezweigen eingesetzt. Als Ver­fah­ren kom­men vor allem das Einlippen- und Wendeltiefbohren zum Ein­satz, wobei mit Letzterem aufgrund der Gestaltmerkmale des Werkzeugs größere Vorschubwerte und eine höhere Pro­duk­ti­vi­tät erreicht wer­den kön­nen. Eine effiziente Ver­sor­gung der Werk­zeugschneide mit Kühlschmierstoff (KSS) vermindert ins­be­son­de­re bei der Bearbeitung von schwer zerspanbaren Werkstoffen den Verschleiß, erhöht die Werkzeugstandzeit und sorgt für eine verbesserte Prozesssicherheit durch einen stetigen Spanabtransport. Die prozessinterne Ermittlung des mechani­schen und des thermischen Belastungskollektivs zur Analyse und Optimierung dieser Tiefbohrprozesse erfordert in der Regel dedizierte Messtechnik und erzeugt einen hohen Aufwand bei der experimentellen Un­ter­su­chung. Ziel dieses Projekts ist daher die Ent­wick­lung eines geeigneten Modells für die simulative Abbildung des Prozesses zur Einflussanalyse des Kühlschmier­stoffes beim Wendeltiefbohren mit kleinen Durchmessern.

Bestehende thermische Finite-Elemente-Methode-Simulationen (FEM) beschränken sich bei der In­te­gra­ti­on der Kühlschmierstoffzuführung auf die Annahme konstanter und gleichmäßiger Konvektionsbedingungen. Die Abhängigkeiten der lokalen Konvektion von der Strömungsgeschwindigkeit, von Turbulenzen in der Strömung und den Temperaturgradienten zwischen Medium und der Werkzeug- und Werkstückoberfläche bleiben unberück­sichtigt. In konventionellen Computational-Fluid-Dynamics-Simulationen (CFD) wer­den auf der anderen Seite Gestaltänderungen des Werkstück-Werkzeug-Modells durch die Spanbildung bei der Vorhersage der Strömungen des KSS in der Kontaktzone nicht berücksichtigt. Die Kopplung der beiden Simulationen im Rah­men der Fluid-Struktur-Interaktion (FSI) ermöglicht eine deutlich genau­ere Berechnung der resultierenden Temperaturfelder und der thermischen Lasten innerhalb des Werkzeugs und des Werkstücks in Ab­hän­gig­keit vom KSS-Druck. Mit dem entwickelten Modell lässt sich so die Werkzeuggestalt hinsichtlich der KSS-Strömung am Kühlkanalaustritt optimieren sowie der nötige KSS-Druck in Bezug auf eine effektive Prozesskühlung bei gleichzeitig reduzierter Antriebs- bzw. Pumpenleistung berechnen.

Die Datenbasis für die Ent­wick­lung und Verifizierung des simulativen Modells liefern ex­peri­men­telle Untersuchungen an einer Mikrotiefbohrmaschine. Die Werkzeugdurchmesser für den untersuchten Wendeltiefbohrprozess liegen dabei bei d = 3 mm und d = 5 mm und sind dem Mikrobereich zugeordnet. Als Werkstoff kommt die Titanlegierung TiAl6V4 (Werkstoff-Nummer: 3.7165) zum Ein­satz. Die dabei auftretenden mechanischen und thermischen Lasten kön­nen durch piezo­elektrische Sensoren und Thermoelemente aufgezeichnet wer­den. Mittels Hochgeschwindigkeitskamera und speziellen Versuchsaufbauten lassen sich dabei zudem die Spanbildung und die KSS-Strömung unter realen Prozess­bedingungen be­ob­ach­ten und analysieren.