Lernbasiertes Clustering gestreamter Daten zur effizienten Modellierung und Vorhersage von Prozesscharakteristiken der Fräsbear-beitung durch Integration von Domänen-wissen – ClusterSim
Die hohe Flexibilität und vielfältigen Möglichkeiten der Fräsbearbeitung erfordern zunehmend eine spezifisch optimierte Prozessauslegung. Zur Steigerung der Produktivität und Effizienz spanender Fertigungsprozesse werden Fräsoperationen daher immer häufiger simulationsgestützt ausgelegt. Innovative Entwicklungen wie kinematisch hochkomplexe Prozessstrategien erweitern die Freiheitsgrade und Parameterräume zur Optimierung von Fertigungsprozessen. Dabei erhöht sich die Komplexität der Wechselwirkungen im Prozess signifikant, was zu neuen Modellierungsherausforderungen führt.
Im Rahmen der vorgestellten Projektinitiative ClusterSim soll in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Virtual Machining der Fakultät für Informatik (VM) ein Ansatz zur virtuellen Abbildung von Fräsprozessen verfolgt werden. Dieser basiert nicht auf der detaillierten Modellierung einer Vielzahl physikalischer Größen und deren Wechselwirkungen, sondern ist weitestgehend beobachtungsbasiert. Dabei sollen komplexe Prozesse in Elementarinkremente unterteilt werden, indem Methoden der Clusteranalyse verwendet werden. Für jedes Elementarinkrement werden anschließend Modelle des maschinellen Lernens (ML) trainiert, um Prozesscharakteristiken, wie z. B. Werkzeugschwingungen und Oberflächeneigenschaften des gefrästen Werkstücks, auf Basis von gemessenen und simulierten Merkmalen, wie z. B. die Spanungsdicke und die Schnittgeschwindigkeit, vorhersagen zu können. Dafür müssen die relevanten Daten sowohl experimentell, als auch simulativ akquiriert und zeitlich synchronisiert werden. Für die Simulation soll ein geometrisch-physikalischer Ansatz verwendet werden. Die Nutzung von ML-Modellen soll nicht als „Black-Box“-Anwendung realisiert werden. Vielmehr soll durch eine gezielte Integration von Expertenwissen (Domänenwissen) sowohl die Anwendbarkeit der zu entwickelnden Methoden, als auch die Qualität der Ergebnisse verbessert werden, indem z. B. die Anzahl an notwendigen Cluster bestimmt und die messtechnisch erfassbaren und simulierbaren Merkmale, welche maximal zur Vorhersagegüte beitragen, identifiziert werden. Weiterhin soll durch die Auslegung eines effizienten Fräsprozesses zum Anlernen der Modelle entwickelt werden. Dies wird in Kombination mit aktivem Lernen realisiert.
Zur Weiter-/Neuentwicklung und Evaluation von ML-Methoden werden oft frei zugängliche Datensätze verwendet, welche oft synthetisch generiert wurden. Diese Daten sind häufig frei von Störgrößen und lassen sich nur bedingt mit Messdaten aus dem produktionstechnischen Umfeld vergleichen. Leider werden solche Datensätze nicht frei zugänglich bereitgestellt. Im Rahmen des beantragten Forschungsvorhabens soll sowohl ein Konzept zum Prozess- und Forschungsdatenmanagement entwickelt werden, als auch sämtliche Trainingsdaten, welche für die Modellierung verwendet werden, anderen Forschenden bereitgestellt werden. Dazu soll das forschungsfeldübergreifend etablierte Repositorium „Zenodo“ genutzt werden, welches durch die europäische Organisation für Kernforschung (CERN) entwickelt und betrieben wird. Im Projekt werden die herausragenden Kompetenzen der Arbeitsgruppe Virtual Machining der Fakultät für Informatik im Forschungsfeld des maschinellen Lernens mit dem Domänenwissen und den experimentellen Möglichkeiten des ISF zusammengeführt.